Von Christoph Kölmel
Bühlertal. Ein weißer Transporter parkt vor dem Blumenwerk in Bühlertal. „Team Urs“ prangt darauf in Großbuchstaben, „unser Bürgermeister für Bühlertal“. Der Mann, dessen Vorname auf dem Fahrzeug spazieren fährt, steht ein paar Meter daneben am Eingang des Blumenladens. „Kommen Sie rein, setzen Sie sich schon mal hin“, sagt er zu den Besuchern, die das Blumenwerk ansteuern. Sie sind doch ohnehin seinetwegen gekommen. Doch Bürgermeisterkandidat Urs Kramer überlässt nichts dem Zufall.
An diesem Nachmittag hat er die Seniorinnen und Senioren Bühlertals eingeladen. Bei Kaffee und Kuchen will er herausfinden, was alteingesessene Bühlertäler umtreibt. Die lange Tischreihe ist gut besetzt, etwa 20 Zuhörer sind da. Kramer stellt sich an ihr Ende, neben sich eine kleine Tafel mit Stichpunkten. „Ältere Bürger haben Bedürfnisse, die ich als jüngerer Mensch nicht immer so sehen kann“, sagt Kramer zur Einleitung. Mit seinen 45 Jahren ist er gut 30 Jahre jünger als die meisten seiner Gäste. Deshalb wolle er heute gezielt der älteren Bevölkerung zuhören. Doch zunächst erzählt Kramer aus seinem Leben. Nicht nur, damit seine Gäste ihn kennenlernen: Kramer unterstreicht mit biografischen Details, warum er ein guter Bürgermeister wäre. So verstehe er als Leiter des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz des Ortenaukreises, welche Herausforderungen der Klimawandel bringe. Als Mitglied des DRK in Bühlertal wisse er außerdem, wie wichtig eine gute ambulante Versorgung sei.
Während Kramer spricht, klappern an der langen Tafel Kaffeetassen und Kuchenteller. Manche Besucher schweifen in kurze Privatgespräche ab, sortieren Milchkaffee, Cappuccino und Himbeer- Torte. „Das habe ich nicht bestellt“, sagt eine Frau und reicht einen Teller über den Tisch. Kramer lässt sich nicht beirren und ruft zu einer Impulsrunde auf. Kurz skizziert er, wo in Bühlertal angepackt werden müsse. Erhalt des Seniorenzentrums, ein dritter Hausarzt für Bühlertal, mehr digitale Rathausgänge. Dann fordert er seine Gäste zum Ideenaustausch auf. „Ich kann mir ja viele Gedanken machen, aber weiß nicht, ob das immer der Realität entspricht“, sagt er. Sofort murmeln einige Gäste los, Kramers Ideen kommen an: „Alles gut“, „schon recht“, „da braucht man gar keine Fragen mehr zu stellen“. Eine Bühlertälerin steht auf. Weil sie weit entfernt am anderen Ende des Tisches sitzt, geht Kramer auf sie zu. „Wenn von Digitalisierung geredet wird, muss aber auch die Internetverbindung besser werden“, sagt sie. An manchen Stellen in der Gemeinde gebe es Probleme. Kramer sieht sich gleich mit einer Flut weiterer Anliegen konfrontiert. Offenbar hat die Seniorin den Bann gebrochen. „Mit dem Parken in der Hindenburgstraße ist es einfach schlimm“, sagt eine Frau. „Laubenstraße auch“, wirft ein Bühlertäler ein. Manche Anwohner besäßen mehrere Autos und parkten damit die Straße zu. Sie habe sich deshalb schon mehrmals beim Rathaus beschwert und nie eine Antwort bekommen, sagt die Frau. Kramer nimmt die Verwaltung in Schutz – es könne nicht immer alles von heute auf morgen gehen. „Es ist aber schade, dass Sie keine Antwort bekommen haben. Das würde ich mir anders wünschen“, sagt er. Eine andere Seniorin sorgt sich um Kinderspielplätze. „Wenn sich nichts ändert, werden die für die Kinder langweilig“, mahnt sie. Sie schlägt vor, die Spielplätze zu vergrößern und mit neuen Geräten auszustatten. Kramer verspricht, sich das anzusehen. „Ich bin ja auch Papa“, sagt er. Die Integration von Flüchtlingen beschäftigt einen anderen Teilnehmer. „Wenn man als Fremder hierherkommt, wie werde ich angenommen?“, fragt er. Kramer sieht ganz Bühlertal in der Pflicht. Die Verwaltung könne Wohnraum zur Verfügung stellen, doch für Integration brauche es mehr. Der Weg in eine Gemeinschaft gelinge nur durch den Kontakt zu Menschen – etwa in Vereinen. Dass das eine große Herausforderung sei, räumt Kramer ein. Er stellt aber auch klar: „Wir müssen alle Menschen gleich behandeln. Die Leute haben gute Gründe, warum sie zu uns kommen.“ Nach mehr als einer Stunde ebben die Fragen ab. Kramer setzt sich zu einzelnen Besuchern an den Tisch und vertieft ein paar der angesprochenen Themen. Sein weißer Transporter bleibt an diesem Nachmittag noch eine Weile vor dem Blumenwerk stehen.